Hochsensible Reinkarnationstherapeutin Charlotte Muthesius im Interview 1


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Begabung

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Spiritualität

Reinkarnation

im Gespräch

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Charlotte Muthesius & Çiğdem Gül

Rückführung

Heilung

Wiedergeburt

Erinnerungen

 
 

Foto: © 2016 Charlotte Muthesius (Bonn / Deutschland)

 
 
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Von Çiğdem Gül

28. März 2016

 
 
Die gebürtige Niederländerin Charlotte Muthesius arbeitet seit ca. 26 Jahren in Bonn / Deutschland als Reinkarnationstherapeutin zur Heilung der menschlichen Seele. Die Themen der Reinkarnation und Rückführunghaben mich schon immer interessiert, wobei ich noch nicht an die Wiedergeburt glauben kann. Vielleicht wird Charlotte, die Begabung, Medizin und Spiritualität miteinander außergewöhnlich verbindet, im Laufe meines Interviews mich vom Gegenteil überzeugen.
 

Çiğdem Gül: Liebe Charlotte, würdest du dich bitte unseren Mitgliedern und Besuchern vorstellen?

Charlotte Muthesius: Gerne stelle ich mich euch vor. Ich bin die Charlotte, und bin nach meinem Abitur im Alter von 20 Jahren aus den Niederlanden nach Deutschland zum Studium gekommen. Ich habe hier geheiratet und drei Kinder bekommen. Nun lebe ich schon seit 22 Jahren mit meinem zweiten Mann in einer liebevollen Ehe; zusammen haben wir eine recht große Familie.

Ich bin ein sicherlich feinfühliger und sensitiver Mensch, und habe eine innere recht fröhliche Natur, die ich nie verloren habe, und für die ich sehr dankbar bin.

 

Çiğdem Gül: Wann und wie hast du deine Hochbegabung und Hochsensibilität erstmals erkannt? Wie definierst du für dich diese Begriffe?

Charlotte Muthesius: Gefühlt habe ich meine Hochbegabung und Hochsensibilität schon seit ich denken kann. Ich merkte, dass die Erwachsenen und auch andere Kinder nie verstanden, wie ich dachte. Ich fand ihre Gedankengänge oft sehr einfach, um nicht zu sagen simpel. Als vielbegabte Scannerpersönlichkeit erfasste ich schon als Kind sofort ihre Absichten und ihre Gefühle, und ich machte mir ihre Nebengedanken auch sofort bewusst.

In der Grundschule war meine Hochbegabung dann ganz klar. Da ich meine Aufgaben schnell fertig hatte, und mich langweilte, gaben mir die Nonnen – Lehrerinnnen – alle Bücher, die in der Klosterbibliothek vorhanden waren, zu lesen. Ich war ein sensibles Kind – bei einem Film mit Dick und Doof, wenn alle Kinder juchzten und lachten, war ich den Tränen nahe und wollte gehen, weil die Zwei mir so unendlich leid taten.

Sensibilität war für mich normal. Ich konnte die Leiden Jesus nicht aushalten, war tief berührt, und ich hob alle verletzte Tiere, von Raupen bis Vögelchen, auf, um sie auf dem Balkon gesund zu pflegen. Das gelang mir natürlich nicht oft, ich habe ihnen aber immer ein würdiges Begräbnis gegeben. Ich wußte als Kind auch absolut sicher, daß ich Begleitung aus der geistigen Welt hatte. Ich spürte diese und konnte deshalb auch immer fröhlich meines Weges gehen.

Ich definiere die Begriffe Hochbegabung und Hochsensibilität als die Fähigkeit zu weit- und vielschichtigem Denken mit einem sehr großen Einfühlungsvermögen.

 

Çiğdem Gül: Welche Auswirkungen haben deine Begabungen auf dein Leben gehabt? Mit welchen Herausforderungen und Schwierigkeiten wurdest du konfrontiert?

Charlotte Muthesius: Die Auswirkungen dieser Eigenschaften, so würde ich sie lieber nennen, waren nicht immer positiv. In der Schule wurde ich zwar bevorzugt, und mir wurden viele Streiche, Widerworte und Eigensinnigkeiten aufgrund meiner guten Noten verziehen, doch in meinen sozialen Kontakten war ich ein Außenseiter. Ich konnte oft die Anderen nicht erspüren und erreichen, fand sie unzugänglich und konnte ihnen nichts von mir erzählen, kurz – ich fand sie seltsam. Die Anderen dagegen fanden natürlich mich seltsam.

Ich habe in der Grundschule sicherlich fünf Bücher wöchentlich gelesen, um meinen Wissensdurst zu stillen. Das war für meine Freundin damals manchmal sehr langweilig.

Die Herausforderungen bestanden darin, die eher blockierende Haltung meines Vaters zu überstehen und meine Gewißheit, daß mir das Wissen schon zugeflogen käme, nicht in Faulheit ausarten zu lassen. Diese Selbstverständlichkeit hätte mir fatal sein können, denn für bestimmte Dinge muß jeder sich anstrengen und einfach arbeiten bzw. pauken.

Außenseiter war ich auf dem Gymnasium und auch später als junge Erwachsene. Doch konnte ich mich glücklicherweise auch mit anderen Außenseitern zusammentun.

 

Çiğdem Gül: Warum und wann warst du mit dem Thema Reinkarnation in Berührung gekommen?

Charlotte Muthesius: Als ich vier Jahre alt war, wußte ich, dass ich schon immer gelebt habe. Das war für mich ein Fakt. Dessen war ich innerlich ganz sicher.

Mit dem Thema der Reinkarnation bin ich dann in der Schule konfrontiert worden. Einfach als Lernstoff und durch die vielen Bücher, die ich immer gelesen habe. Nachdem ich mich mit dem Gesamtwerk von Sigmund Freud befasst hatte, kam dann die etwas tiefer und anders geartete psychologische Literatur in Betracht. Ich stieß in der Literatur auf den Schweizer Psychiater und der Begründer der analytischen Psychologie Carl Gustav Jung, ein Mann, der auch die Reinkarnation mit in seine Werke mit einbezogen hat. Durch eine Freundin, die in einem esoterischen Zirkel Mitglied war, wurde dann das Thema Reinkarnation wirklich brennend aktuell für mich. Der Gedanke, dass nur ein einziges Leben, das mitunter nur einige Monate dauern kann, für einen Menschen ausschlaggebend sein sollte, erschien mir unlogisch. Ein immer neuer Schöpfungsakt von vollkommen neuen Menschen erschien mir ebenfalls unlogisch. Eine Weitergabe, eine Weiterentwicklung und Energieerneuerung schien mir dagegen logisch.

 

Çiğdem Gül: Was bedeuten Reinkarnation und Reinkarnationstherapie?

Charlotte Muthesius: Reinkarnation bedeutet „Wieder ins Fleisch kommen“. Dabei geht man davon aus, dass wir zwar einen Körper haben, aber nicht nur unser Körper sind. Wir sind Energie, Information, kurzum: Seele. Die Reinkarnation bedeutet Wiederholung und gleichzeitig Erneuerung und Weiterentwicklung. Bekanntlich kann Energie nicht zerstört werden, sondern bleibt. Sie wandelt sich höchstens. Und genau das passiert bei unserem Tod.

Die Reinkarnationstherapie ist eine Psychotherapie, die sich nicht nur auf dieses eine Leben beschränkt, sondern die ganze Bandbreite der seelischen Informationen und Erlebnisse mit in die Therapie einbezieht. Wenn man als Therapeut immer nur auf die Eltern schaut, und nur dort die Ursache für unsere Probleme sucht, wird man letztendlich nicht tief und effektiv heilen können, da dieser Rahmen zu beschränkt ist. Die Eltern sind ja auch Kinder ihrer Eltern, und diese wiederum ihrer Eltern. Wir tragen nicht nur von vielen vorangegangenen Generationen die Informationen und Erfahrungen in uns, sondern auch die von Geschehnissen, die wir mit dem Verstand nicht beikommen können, und die aus einer anderen Vergangenheit zu stammen scheinen, und die unweigerlich in einer Sitzung auftauchen. Wir tragen die Informationen unserer Ahnen ebenfalls in unseren Genen.

 

Çiğdem Gül: Wie bist du zur Rückführungstherapie gekommen?

Charlotte Muthesius: Ich hatte lange Jahre ein Exzem am Kinn, das nicht weggehen wollte. Ich kam dann zu einem Dermatologen, der sagte: „Dieses Exzem kenne ich, es handelt sich hierbei um ein psychologisches Problem.“ Er riet mir entweder zu Psychopharmaka oder einer Psychotherapie.

Durch Vorträge, die ich in Stuttgart gehört hatte, wusste ich von einer Psychologin in meiner Nähe, die auch Rückführungen machte. Ich bin also zu ihr hingegangen, habe ein paar Sitzungen gemacht, und das Exzem verschwand. Es ist auch nie mehr wieder gekommen. Das hat mich wirklich überzeugt. Als ich dann von Dr. Netherton hörte, der in Stuttgart Vorträge hielt, bin ich hingegangen und habe mir seine Vorträge angehört. Was er erzählte, war so logisch, stimmig und herzerwärmend für mich, dass ich beschloß, mich in diesem Feld zu betätigen.

 
 

Charlotte Muthesius: „Die Reinkarnationstherapie kann man wunderbar mit der Verhaltenstherapie verbinden. Psyche ist ja die Seele. Und die braucht manchmal eine therapeutische Hilfestellung. Die Seele ist aber nicht unser Gehirn, sondern ist unsere unendliche Energie, die Verbindung und Teil der großen Quelle allen Lebens.“

 
 

Çiğdem Gül: Welche von krankenkassenzugelassenen klassischen Therapieformen gibt es? Worin unterscheiden sich diese Therapieformen von der Reinkarnationstherapie?

Charlotte Muthesius: Die klassischen Therapieformen, die die Krankenkassen übernehmen, sind nur wenige. Ich kann im Moment nur die Psychoanalyse, die Verhaltenstherapie, die Gesprächstherapie und die Gestalttherapie nennen. Alles Methoden, die zwar erprobt, aber erweiterungsbedürftig und m. E. mittlerweile auch veraltet sind. Sie haben, wie ich oben erwähnt habe, einen zu eng gestalteten Rahmen, in dem sie arbeiten. Man kann den Menschen nicht auf dieses eine kurze Leben im Hier und Jetzt beschränken. Die Informationen, die seinen Körper und sein Denken bestimmen und definieren, sind legio. Schon nur die Tatsache, dass wesentliche Prägungen in der Zeit vor der Geburt dem Föten mitgegeben werden – ein Fakt, mit dem ich seit 1988 schon therapeutisch gearbeitet habe – wurde in den neunziger Jahren belächelt. Heute ist das Allgemeinwissen in der Medizin.

Der Unterschied zwischen den herkömmlichen Therapien und der Reinkarnationstherapie liegt meines Erachtens in der Tiefe und der Bandbreite des therapeutischen Feldes.

 

Çiğdem Gül: Du führst seit 1991 eine Praxis für Reinkarnationstherapie in Bonn. Welchen Therapieschwerpunkt hast du für dich ausgewählt? Welchen Grund gab es dafür?

Charlotte Muthesius: Aufgrund meiner eigenen Erfahrungen und Erfolge mit der Reinkarnationstherapie, oder der Regressionstherapie – so kann man sie auch nennen – habe ich diese Form sofort als Schwerpunkt ausgewählt. Man kann sie wunderbar mit der Verhaltenstherapie verbinden, im Grunde mache ich das auch bei der Restrukturierung eines durchlebten Traumas. Es gibt für mich keine bessere und effektivere Methode, Psychotherapie zu machen. Psyche ist ja die Seele. Und die braucht manchmal eine therapeutische Hilfestellung. Die Seele ist aber nicht unser Gehirn, sondern ist unsere unendliche Energie, die Verbindung und Teil der großen Quelle allen Lebens.

 

Çiğdem Gül: Du hast die Reinkarnationstherapie bei Herrn Dr. Morris Netherton gelernt. Wer ist Dr. Morris Netherton? Was ist das Besondere an seinem Therapieansatz?

Charlotte Muthesius: Dr. Morris Netherton ist ein Psychologe und Hypnotherapeut aus Los Angeles. Er wuchs im ländlichen Gebiet auf und hat viel mit der Resozialisierung von straffälligen Jugendlichen gearbeitet. Durch die Arbeit mit ihnen fiel ihm auf, dass sie oft von anderen Realitäten sprachen, als den sichtbar vorhandenen. Sie sprachen von anderen Leben und anderen Umständen. Er fragte sich, ob sie vielleicht nicht einfach die Wahrheit sagten. Beruflich hatte er natürlich Kontakt zu Fritz Pearls, und Helen Wambach, und noch vielen anderen bekannten Psychologen, die sich alle für einen erweiterten Bewusstseinsrahmen interessierten. Er entwickelte dann in den siebziger Jahren seine eigene Methode der Rückführung und Traumatherapie. Das Besondere an seiner Methode ist die Einfachheit und Direktheit. Sie ist sehr bodenständig und lehnt jede pseudoreligiöse und philosophische Beeinflussung der Klienten ab. Man arbeitet auf den drei Ebenen: Körper, Gefühle und Gedanken. Über die Emotionen und den Körpergefühlen kommt dann die Katharsis. Herr Dr. Netherton lehrte mich auch, die eigenen Gedanken von den oftmals von Außen aufgepropften Gebilden zu unterscheiden.

 

Çiğdem Gül: Welche Vorgeschichte, Beschwerden und/oder Probleme kann ich mit dieser Therapieform angehen? Für welche Zielgruppe ist die Reinkarnationstherapie besonders geeignet?

Charlotte Muthesius: Alle Probleme, sei es körperlicher, emotionaler oder seelischer Art finden ihren Ursprung in der Vergangenheit. Wir haben Probleme, weil wir die Realität nicht sehen können, sondern in einer fixen Idee, in Idealvorstellungen oder in alten Gefühlen stecken geblieben sind. Natürlich gibt es Krankheiten. Sie sind oft eine sog. Lernhilfe, eine Reinigung oder schlichtweg eine Vorbereitung auf den Tod. Der Tod ist unausweichlich, eine Konstante in unserem Leben und stellt das Einzige dar, was wir müssen. Diese Krankheiten müssen wir auch in diesem Licht sehen und einordnen können. Es gibt aber auch Krankheiten, die Warnsignale sind, oder körperliche Reaktionen auf seelische Probleme, die wir nicht sehen können und die wir bewältigen müssen. Wenn diese Probleme geklärt sind, können die Symptome der Seele, die sich als Krankheit gezeigt haben, wieder gehen.

Ob es um Paarprobleme, einzelne Probleme, Beziehungsprobleme mit Kindern oder Chefs geht, der Ursprung dieser Probleme ist immer in uns. Wir sind es selbst, die eine falsche Vorstellung von uns haben, begleitet von Gedanken, die uns schaden, und die uns früher eingeimpft worden sind.

Ich habe mit hochspirituellen Menschen gearbeitet, mit alten Menschen, mit jungen Menschen, mit Kindern und auch mit ganz einfachen Menschen, die sich gar nicht darüber im Klaren waren, dass ich Reinkarnationstherapie mache. Oft waren sie dann sehr erstaunt, dass bestimmte Bilder und Gefühle in ihnen hochkamen, die so gar nicht zu ihrem jetzigen Leben passten. Ich habe ihnen dann erklärt, dass es Bilder ihrer Seele sind und man sie einfach als solche akzeptieren sollte. Und darum geht es mir auch, um die inneren Bilder und Glaubensmuster. Es geht mir nicht um sog. Past-Life-Tourismus.

 

Çiğdem Gül: Ist die Rückführung gefährlich? Was ist für den Patienten zu beachten?

Charlotte Muthesius: Nein, eine Rückführung, so wie ich sie mache, ist keineswegs gefährlich. Der Klient führt, und ich folge. Ich nehme nur das auf, was der Klient vorbringt, und er/sie ist immer in Kontrolle. Deshalb arbeite ich auch nicht mit Hypnose, weil ich ja will, dass der Klient die Kontrolle behält. Die meisten Menschen haben sowieso schon den Glauben, dass sie keine Kontrolle über ihr eigenes Leben haben können oder dürfen. Die Art von Trance, in die die Klienten während der Rückführung gehen, bestimmen sie vollkommen selbst. Diese Tiefe, in die sie sich begeben ist so ähnlich wie wenn man z.B. auf der Autobahn in Gedanken ist, und plötzlich merkt, huch, da ist ja schon Köln!

Die Patienten oder Klienten, müssen ehrlich sein. Das ist auf jeden Fall zu beachten. Nicht zu mir, sondern zu sich selbst. Sie müssen bereit sein, sich auf sich selbst einzulassen. Dann kann man sehr effektiv an die Probleme herangehen und sie lösen. Wer seine Emotionen unterdrückt, behindert sein eigenes Leben und seine eigene Lebensqualität. Allerdings gibt es Emotionen erster und zweiter Natur. Wer traurig ist, und die Trauer ablehnt, kann sie verschieben auf die Wut. Die Wut ist dann die Verdrängung der Trauer. Und somit ist die Wut in dem Falle eine Emotion zweiter Natur. Die Emotion erster Natur ist in dem Falle die Trauer. Wer seine Gefühle verschiebt, ist nicht ehrlich sich selbst gegenüber.

 

Çiğdem Gül: Kannst du bitte kurz erläutern, was man unter Karma in diesem Zusammenhang zu verstehen hat? Ist es möglich, schlechtes Karma der Vergangenheit in gutes Karma der Gegenwart zu verwandeln?

Charlotte Muthesius: Ja, da kann ich ziemlich kurz sein. Karma ist nichts anderes als die Summe unserer Erfahrungen. Mehr nicht.

Es gibt kein schlechtes oder gutes Karma. Das sind Begriffe, die nur dazu dienen, die Menschen zu konditionieren und manipulieren. Gut und Böse existieren nicht. Sie sind ein moralisches Gebilde, das wir Menschen brauchen, um eine Gesellschaft lebbar und funktionierend zu machen. Diese Kategorisierung dient auch als Bindemittel der Mitglieder der Gesellschaft. Je nach Gesellschaft variieren ja auch die Definitionen von Gut und Böse.

Natürlich gibt es Vorleben oder auch jetzige Situationen, in denen wir „böse“ gehandelt haben. Manchmal hatten wir keine andere Wahl – manchmal wollten wir uns vielleicht mit dem Thema „Macht“ auseinandersetzen. Erfahrungen machen. Wir können uns aber nur mit etwas auseinandersetzen, indem wir dieses Thema am eigenen Leibe erleben. Wir lernen nur durch die eigenen Erfahrungen und durch unsere „Fehler“.

 

Çiğdem Gül: Wie können Ängste oder Schuldgefühle aus einem oder mehreren vorherigen Leben aufgelöst werden?

Charlotte Muthesius: Das sind zwei große Themen.

Angst ist eine Erinnerung. Sie entsteht in einem Moment der großen Gefahr. Wir erleben in einer bestimmten traumatischen Situation Schmerz,Trauer und letztendlich den Tod. Wir lernen daraus als Konsequenz, zum Überleben eine solche Situation zu vermeiden, damit wir schmerzfrei und lebendig sein können. Das bedeutet: die Angst schützt uns vor dem Tod. Wie die Pavlovschen Hunde sind wir darauf konditioniert, lieber immerzu die Angst zu spüren, als weiter zu gehen und unser Leben aufs Spiel zu setzen und zu sterben. In einer Rückführung darf die Angst in der Initialsituation da sein und durchlebt werden. Weil sie damals ja zu Recht war. Nach den wieder neu erlebten Momenten von Schmerz, Wut und Trauer, folgt in der Rückführung die Hingabe an den Tod. Dann wird alles ruhig, und man spürt, wie die Seele geht. Die Seele ist friedlich und schaut auf das vergangene Leben zurück. Der Klient kann erkennen, dass in dem vergangenen Leben die Angst berechtigt war, aber dass die Seele überlebt, der Tod ist nicht das Ende. Er oder sie ist nicht in der Situation geblieben, sondern die Situation ist vorbei und nicht er/sie. Die Seele ist nicht tot, sondern hat heute ein anderes Leben, in dem er oder sie selbst Alternative hat und sich angstfrei entscheiden kann.

Schuldgefühle sind immer durch Zuweisungen von Außen entstanden. Es sind immer andere Menschen, die einen Menschen beurteilen und verurteilen. Die Schuldzuweisungen werden in dem Moment geäußert, als das Opfer im Schock, Schmerz und äußerster Verwirrung ist. Sein Bewußtsein ist ausgeschaltet oder heruntergefahren und alle Schuldzuweisungen werden vom Opfer internalisiert, d.h. die Schuldzuweisungen werden Bestandteil seines Denkens und damit auch seiner Gefühle. Die Seele nimmt sie mit in ein nächstes Leben.

Wenn jemand z.B. in einem vergangenen Leben einen Mord begangen hat, oder sogar ein grausamer Herrscher war, der selbst oder durch Andere viele Menschen umgebracht hat: die Motivation müssen wir uns auf jeden Fall anschauen. Entweder es geschah in Unwissenheit – der Täter war möglicherweise ein sehr unbewusster Mensch – oder er ist als Kind selbst traumatisiert worden und im Schock geblieben. Er wiederholt unbewusst das Verhalten seines Peinigers, ja er hat sich vollkommen mit dem Peiniger identifiziert. Im Traumageschehen sind zwei Persönlichlichkeiten vorhanden. Ein Täter und ein Opfer. Derjenige mit der stärksten Energie kann im Schock die Vorherrschaft in der Persönlichkeit des Opfers übernehmen, so dass das traumatisierte Kind sich zu einem Täter entwickelt.

Die Entscheidung allerdings, ob ich Täter oder Opfer sein werde, ist aber letztendlich eine Entscheidung auf der Seelenebene. Die Seele entscheidet, welche Erfahrung sie für dieses Leben braucht und sucht sich eine Situation aus, wo sie vor die Wahl gestellt wird, ein Täter- oder ein Opferleben zu führen. Dann gibt es natürlich auch unschuldig Verurteilte. Viele Hexen sind im Mittelalter unschuldig angeklagt und verbrannt worden. Alle die Beschuldigungen, die bei dem Prozess und der Strafe geäußert wurden, wurden von den Opfern internalisiert und in ein nächstes Leben mitgenommen.

Wenn wir in der Therapie die Motivation und die Richtigkeit der Beschuldigungen aufdecken und überprüfen, kann der Täter-Klient entweder trauern, bedauern, und bereuen, oder/und seine berechtigte Wut äußern, weil die Schuldzuweisungen nicht berechtigt und falsch waren. Damit befreit der Klient sich – und so kommt er in seine Kraft. Wenn jemand ein wirklicher Täter war, lasse ich ihn auf der Seelenebene mit seinen Opfern reden, seine Geschichte erzählen und seine Motive darlegen. Diese sind, das habe ich immer wieder erlebt, überhaupt nicht böse, sondern signalisieren einfach: „Danke für diese Erfahrung, die du uns gegeben hast.“ Das nächste Mal läuft das Leben wieder anders. Ein Täterleben birgt auch immer eine ungeheure Kraft in sich. Da ist man imstande, zügig zu entscheiden, durchzugreifen, und sehr selbstbestimmt zu handeln. Der Körper ist oft stark und der Geist zielgerichtet und fokussiert. Diese Eigenschaften kann die Seele mitnehmen. Sie sind nicht unbedingt mit Täterschaft verbunden. Der Klient kann diesen Unterschied machen, sich die Stärke und die Fähigkeiten wieder aneignen und sie sich wieder bewusst zunutze machen. Diese Kraft kann er heute in seinem Leben aktivieren, doch diesmal nicht gegen andere Menschen, sondern für sich selbst.

 
 
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Bild: © 2016 Charlotte Muthesius (Bonn / Deutschland)

 
 

Çiğdem Gül: Hast du auch hochbegabte und hochsensible Patienten? Wenn ja, gibt es zusätzliche Herausforderungen mit dieser Klientel und Patienten?

Charlotte Muthesius: Ja, sicher. Und ich denke, dass die meisten Patientinnen, die zu mir kommen, mindestens hochsensibel sind. Hochbegabt sind nicht unbedingt alle, aber wenn, dann finde ich das toll. Ich will ja den Verstand gerne dabei haben, wir haben ihn nicht bekommen, um ihn gering zu achten. Lästig ist es nur, wenn der Verstand meint, er sei der Boss! Der Verstand ist vielmehr der Diener. Wenn wir im Bauch etwas wollen, und das Herz ja sagt, dann kann der Verstand uns helfen, diese Wünsche zu realisieren und Wege für uns finden. Zusätzliche Herausforderungen gibt es nicht. Im Gegenteil, solche Klienten arbeiten gut. Sie sind nicht blockiert, gehen in ihre Geschichten rein und erzielen somit schnell die in ihrem Leben gewünschten Veränderungen.

 
 

Çiğdem Gül: „Wie ist es möglich, ohne Hypnose, sich an Situationen aus vorangegangenen Leben zu erinnern oder gar zu erspüren, dass man Menschen aus anderen Leben bereits kennt und uns mit diesen bestimmte Situationen und Erfahrungen verbinden?“

 
 

Çiğdem Gül: Welche Methoden werden angewandt? Werden während der Therapiesitzungen bei Patienten Atemübungen angewandt? Wenn ja, was geschieht z.B. beim Atmen und wozu soll es gut sein?

Charlotte Muthesius: Ich arbeite mit dem Körpergefühlen, mit den Emotionen und mit den Gedanken.

Durch eine spezielle Fragetechnik kommt der Klient dann tiefer in seine inneren Bilder und Informationen auf Zellebene. Ich lasse bestimmte Sätze, die offensichtlich Glaubensmuster des Klienten sind, wiederholen. Auch hochemotionale Sätze lasse ich wiederholen. Das hat den Sinn und Zweck, dass der Klient erstens bewusster hört, was er sagt, und zweitens tiefer in seine Emotionen kommt. In den Emotionen liegt ja die Lösung aus dem Schock und aus der Starre. Manchmal lasse ich den Klienten in die Bereiche des Körper atmen, wo der Schmerz oder die Wut sitzt, um ihn in Kontakt mit seinen Emotionen zu bringen. Das hilft ihm, die verdrängten Emotionen heraus zu lassen und somit zu einer Katharsis zu kommen. Eine besondere „Atemübung“ würde ich das nicht nennen. Atmen ist immer mit Leben verbunden.

Wenn Klienen tief in einem Schock stecken, nach einem Trauma, einem Unfall, einem schweren Verlust, dann lasse ich ihn oder sie nach der Sitzung, wenn alle Emotionen heraus sind, wenn dass ganze Geschehen aufgedeckt und emotional verstanden wurde, dann lasse ich ihn atmen. Den Schock herausatmen – das Leben in sich hineinatmen. Auch nach einer Geburtssitzung ist es sehr effektiv, den neugeborenen Klienten bis in alle Körperregionen durchatmen zu lassen. Vergessen wir nicht, jede Geburt ist traumatisch. Man spricht immer vom Geburtstrauma. Bei jeder Geburt, sei sie noch so umsichtig, liebevoll oder unter Betäubung durchgeführt, geht es um Leben oder Tod. Das Baby lernt dabei, ein sogenanntes Überlebensmuster. Auch bei einer Narkose erlebt das Baby trotzdem die Gratwanderung zwischen Leben und Tod – nur lernt es daran, dass Betäubung zum Überleben und zum Überlebensmuster dazu gehört. Wenn nach der Rückführung der Klient spüren und fühlen kann, dass er die Geburt überlebt hat, wenn er versteht, welche oft negativen Überlebensmuster er aus der Geburt mitgenommen hat, dann ist das tiefe Atmen sehr reinigend, heilsam und belebend.

 

Çiğdem Gül: Wie ist es möglich, ohne Hypnose, sich an Situationen aus vorangegangenen Leben zu erinnern oder gar zu erspüren, dass man Menschen aus anderen Leben bereits kennt und uns mit diesen bestimmte Situationen und Erfahrungen verbinden?

Charlotte Muthesius: Wenn wir davon ausgehen, dass jede Körperzelle in uns voller Informationen steckt, dann ist es in der Therapie auch möglich, Zugang dazu zu finden. Den Zugang dazu finden wir zunächst einmal über die Körpergefühle und über die Emotionen. Unsere Gefühle oder Emotionen werden in bestimmten Gehirnregionen erzeugt. Sie gehen mit Worten – Sätzen – und Bildern einher. Diese werden mittels Neurotransmittern über die Blutbahn durch den Körper transportiert und verbinden sich mit den Körperzellen, die Bezug zu diesen Gefühlen und Worten haben. Wenn ich also die Emotionen und die Körpergefühle habe, plus die Sätze, die dazu gehören, ist der Klient bereits in seiner Vergangenheit, und ist mitten in den Informationen aus seinen Körperzellen.

Ein kleines Beispiel: Jemand leidet unter Ängsten. Wenn er sie verspürt, schwitzt er dabei und hat zittrige Beine, das Herz rast, der Kopf wird wirr. Ich führe ihn in eine Situation, in der er diese Angst erfährt und lasse ihn diese Körpergefühle wahrnehmen. Die Worte aus diesem Gefühl sind: „Ich schaffe es nicht, er kriegt mich, er ist schneller, ooh Gott, das überlebe ich nicht!“ Damit befindet der Klient sich ganz eindeutig in seiner Vergangenheit. Es geht dann noch darum, zu klären, in welcher Vergangenheit er sich befindet, was ihm widerfahren ist, und wie diese Situation geendet ist. Wir alle tragen solche Sätze in uns. Emotionale Worte sind einfach und direkt. Sie führen uns direkt in unsere erlebte Realität hinein und sind mit einem Körpergefühl verbunden. Wenn wir dann diese Vergangenheit weiter explorieren, kann der Klient ohne viel Dazutun merken, welche Menschen aus dieser erlebten Vergangenheit mit denen aus dem heutigen Leben korrespondieren. Man darf aber nicht vergessen, dass diese Menschen aus der Vergangenheit sich auch in weiteren Leben entwickelt haben dürften, und man kann diese Menschen von heute nicht für diese Vergangenheit nachträglich verantwortlich machen.

Jeder Mensch ist selbst für sich, für seine Erfahrungen, für seine Emotionen und sein Leben verantwortlich. Nicht die Eltern, nicht der böse Chef, nicht die aufsässige Tochter etc. sind verantwortlich, wir sind es selbst und können unsere Situation entweder ändern oder unsere Einstellung dazu ändern. Wir haben, wenn wir das nötige Bewusstsein dazu bekommen haben, die Wahl.

Wir sind Seele. Wir wollen als Seelenwesen die Polaritäten dieser Welt ausloten, und brauchen dafür Licht und Schatten, d.h. Gut und Böse. Die anderen Menschen sind tatsächlich nur Figuren in unserem eigenen Drama oder Setting.

 

Çiğdem Gül: Fließen bei den Therapiesitzungen auch interkulturelle Differenzen und Unsicherheiten mit ein?

Charlotte Muthesius: Ja, selbstverständlich! Alles fließt in eine Sitzunge mit ein. Wir waren ja nicht nur Westeuropäer und weiß! Wir waren sowohl mal Mann als auch Frau. Wir waren vielleicht Aborigines, Indianer, Araber oder Afrikaner. Die Wertvorstellungen aus diesen Kulturen haben auf jeden Fall alle in unserem Unterbewusstsein ihren Platz gefunden und sind für uns Gültigkeit – auch wenn wir uns dessen gar nicht bewusst sind. Die Menschen, die so heftig auf bestimmte Wertvorstellungen aus anderen Kulturen reagieren, die Angst davor haben und sie abwehren, könnten diese ganz bestimmt in ihrem Unterbewusstsein gespeichert haben. Sie haben Angst davor, weil sie um sie wissen und sie kennen, weil sie entsprechende Erfahrungen und Erlebnisse darüber gemacht haben, was diese Vorstellungen bedeuten können. Manche Frauen mögen z.B. nach außen sehr emanzipiert wirken, es ist aber immer wieder erstaunlich, wieviel alte Konditionierungen, die in der Vergangenheit für Frauen gegolten haben, immer noch ihre Aktualität und Gültigkeit in ihrem Unterbewusstsein haben. Das Patriarchat ist immer noch in den Köpfen drin, könnte man so sagen.

Es gibt viele Kulturen und viele Arten von gesellschaftlichen Normen. In der Therapie ist es wichtig, zu erkennen, daß diese durchaus ihre Berechtigung gehabt haben, als soziales Bindemittel und als Mittel zur Strukturisierung, aber daß wir heute eine Wahl haben, und selber entscheiden können, welche Normen für uns gut und akzeptabel sind.

 

Çiğdem Gül: Wie darf man sich eine oder mehrere Therapiestunden bei dir vorstellen?

Die erste Sitzung ist immer eine Anamnese, die sehr tief und gründlich ist. Da fallen oft schon unzählige Groschen! Sollte aber ein Klient sehr emotional berührt sein, und in seinen Äußerungen offensichtlich in einer alten Geschichte stecken, dann lasse ich ihn da nicht hängen, sondern gehe direkt mit ihm in die Tiefe. Die darauffolgenden Sitzungen sind im Liegen und tiefgehend. Der Klient schließt die Augen und soll seine Aufmerksamkeit zu sich nach Innen richten. Die Vergangenheit wird oft allein schon durch diese Lage präsent. Wie gesagt, der Klient führt, ich folge und begleite ihn.

Eine Therapiestunde dauert anderthalb oder zwei Stunden. Die Zeit brauchen wir, um gründliche Arbeit zu leisten. Es ist kein Spaziergang in die Vergangenheit, kein Überfliegen von touristischen Szenarien, sondern Arbeit. Es geht mir nicht um eine Weltanschauung, sondern um die psychischen Inhalte dessen, was der Klient an Information und Denken in sich trägt.

 

Çiğdem Gül: Wieviele verschiedene „Leben“ hast du selbst gebildet?

Charlotte Muthesius: Erlebt habe ich viele Leben. Es kommen natürlich immer nur die Leben hoch, die problematisch, traumatisch und ungelöst waren. Die Leben, die gut und klar waren – und die gab es natürlich auch – brauchen ja nicht bearbeitet zu werden. Die sind dann zum Kraft tanken, oder schlichtweg Ausruhen gedacht.

Die Vorleben sind ja unsere inneren Bilder, Gefühle und Vorgänge. Sie sind auch sehr persönlich und intim.

 

Çiğdem Gül: Welches ist dein Lieblingsszenario?

Charlotte Muthesius: Ach du lieber Himmel! Das ist wirklich überhaupt nicht wichtig. Es geht ja um die psychischen, seelischen Inhalte. Das Faszinierende ist ja, dass jeder Mensch anders, und gleichzeitig alle Menschen gleich sind. Die Themen von Einsamkeit und Liebe sind gleich, die Emotionen sind gleich, die Macht und die Ohnmacht, die Verzweiflung und die Grandiosität, wir haben alle diese Muster gemeinsam. Und wir haben alle die gleichen Lernaufgaben.

Auf der anderen Seite hat jeder Mensch individuell andersartig gelagerte Gedanken, je nach Situation auch individuell andere Reaktionsmuster. Nicht jeder Mensch ist hochsensibel oder hochbegabt, jeder hat seine eigenen Begabungen. Darin sind wir wieder individuell verschieden. Es gibt Menschen mit Humor – die mag ich übrigens gerne – und es gibt sehr ernsthafte Menschen. Es gibt Menschen mit einer starken Spiritualität, und welche, die eher geerdet sind. Das ist alles wichtig und richtig. Wir gehören alle zusammen. Wir sind alle aus demselben Stoff, der göttlich ist.

 

Çiğdem Gül: Wie wirkt Reinkarnationstherapie auf den Patienten? Könntest du uns ein Fallbeispiel berichten?

Charlotte Muthesius: Die Reinkarnationstherapie wirkt erlösend, befreiend und erhellend auf den Patienten, oder Klienten. Zwar geht nicht jeder lachend nach Hause – das kommt absolut vor! – viele sind noch sehr beschäftigt mit ihrer Trauer oder einfach nachdenklich, aber das löst sich bald und verwandelt sich in Einsicht und Frieden.

Ich kann dir tausende Beispiele geben – bewegende, erheiternde, anrührende, verändernde und beruhigende. Ein ganz kurzes Beispiel ist mir dennoch mit einem Lächeln in Erinnerung geblieben. Eine junge Frau kam zu mir und berichtete, dass sie über eine bestimmte Brücke in ihrem Heimatort nicht fahren konnte. Sie gab an, dass sie bei einer Psychologin in Therapie sei, und diese könnte mit dieser Angst nun leider nichts anfangen, obwohl die Klientin sich bei ihr sonst sehr gut aufgehoben fühlte. Glücklicherweise war die Klientin überhaupt nicht blockiert, und ich konnte sofort mit ihr anfangen, d.h. sie fing von selbst an. Sie landete sofort in ein Vorleben, wo sie in eine Schlucht geworfen wurde, weil sie eine außereheliche Beziehung zu einem jungen Mann aufgenommen hatte. Das war in der Gesellschaft, in der sie lebte, höchst verwerflich. Sie wurde über eine Klippe geworfen und stürzte also, kopfüber in die Schlucht, und landete auf Gestein, ihr Kopf platzte auf und sie war sehr schnell tot. Wir arbeiteten am Abschied, da sie natürlich nie wirklich hatte Abschied nehmen können. Therapeutisch brauchte sie also einen Abschied vom Ehemann, einen Abschied vom Geliebten, und Abschied von der Dorfgemeinschaft, die sie zum Tode verurteilt hatte. Wir haben diesen Sturz drei mal gründlich durchgearbeitet. Körperlich – Arme schwenkend nach Halt suchend – Emotional – wütend, verzweifelt und traurig – und verbal, gedanklich. Nach diesen drei Malen war sie nass geschwitzt, das Zimmer sah wüst aus. Sie ging sehr zufrieden nach Hause. Ein paar Tage später rief sie mich an, und sagte: „Ich bin über die Brücke gefahren!“ Wir waren beide so sehr erfreut, und ich habe ihr alles Gute gewünscht. Das war so schnell und effektiv, das war im wahrsten Sinne des Wortes einmalig.

 
 

Charlotte Muthesius: „Im Schnitt kann man sagen, ein Problem hat vier Schichten. Die Kindheit, die Geburt, und die Vorgeburt, und ein oder mehr Vorleben.“

 
 

Çiğdem Gül: Wie lange dauert eine Reinkarnationstherapie an?

Charlotte Muthesius: Eine Sitzung dauert anderthalb bis zwei Stunden. Wieviele Sitzungen wir brauchen, hängt erstens vom Thema des Klienten ab, und zweitens von der inneren Bereitschaft und Offenheit des Klienten. Bei einem komplizierten Thema, das viele Themen mit sich zieht, werden wir natürlich länger brauchen. Da kann z.B. jemand kommen mit ungeklärten Bauchschmerzen, und bei näherer Betrachtung stoßen wir auf Mißbrauch in der Kindheit, Drogenabusus, viele Operationen, Verlust von Eltern oder Kindern, Abtreibung und einiges mehr. Das sind viele, in sich wohl auch zusammenhängende Traumata, die wir in ein paar Sitzungen nicht gelöst bekommen. Da ist nach jeder Sitzung auch ein Stück Verhaltenstherapie hilfreich, um neue Verhaltensweisen zu erlernen und ein neues Selbstverständnis weg vom Opferdasein aufzubauen. Wenn ein Klient sehr blockiert ist, wenn ihm Sprech- oder Merkverbote auferlegt wurden, wenn er „zu“ -macht und nicht in Kontakt mit sich selbst ist, müssen wir zunächst einmal an diesen Blockaden arbeiten. Wenn ein Klient offen auf emotionaler und kognitiver Ebene ist, kommt man – nicht unbedingt mit nur einer Sitzung, wie oben beschrieben – aber doch mit weniger Sitzungen aus.

Im Schnitt kann man sagen, ein Problem hat 4 Schichten. Die Kindheit, die Geburt, und die Vorgeburt, und ein oder mehr Vorleben. Das wären dann fünf Sitzungen. Dann sieht man klarer, was noch zu bearbeiten, zu klären und zu lösen ist. Es ist auch möglich, nach fünf oder mehr Sitzungen eine Pause einzulegen. Manche Sachen brauchen Zeit um sich zurecht zu legen und integriert zu werden. Manche Klienten kommen regelmäßig zwei mal im Jahr und machen dann vier Sitzungen am Stück, in denen sie an sich arbeiten und ihre Geschichten klären. Die Reinkarnationstherapie ist eine Therapie, die sehr individuell auf die Klienen zugeschnitten ist.

 

Çiğdem Gül: Was war dein spannendster und interessantester Therapiefall in den letzten 26 Jahren?

Charlotte Muthesius: Das kann ich nicht explizit sagen. Es ist immer spannend und immer interessant. Sehr erstaunlich sind für mich Körpersymptome, die plötzlich nach oder während einer Sitzung auftreten, weil sich der Körper erinnert. So zeigte eine Frau, die im Vorleben erwürgt worden war, nach der Sitzung dunkle Male am Hals. Diese vergingen dann nach ein paar Tagen. Oder bei einer Klientin, dessen Fuß als Kind zwischen die Speichen des Fahrrads gekommen war, wodurch sie und Mutter böse gestürzt waren, war der Fuß dann nach der Sitzung leicht angeschwollen und sie konnte etwas schwer gehen. Auch das gab sich dann nach kurzer Zeit. Spannend ist es auch, wenn ein Klient ein Vorleben als eine historisch doch recht bekannte Persönlichkeit hatte. Meistens sind sie das allerdings nicht unbedingt selbst gewesen. Wenn überhaupt, sind sie meistens eine Person aus der Umgebung der historisch bekannten Figur. Aber eben nicht immer. Eine sah der historischen Person, die sie mal gewesen war, so frappierend ähnlich, das war wirklich erstaunlich. Die Seele hat halt viele Gesichter und Facetten.

 

Çiğdem Gül: Konntest du nach den Therapien von den Patienten erfahren oder beobachten, welche inneren und äußeren Veränderungen sie durchlebten, nachdem die alten Blockaden aufgelöst worden sind?

Charlotte Muthesius: Ja, glücklicherweise ja. Oft geht es den Klienten so gut, und man sieht sie deshalb nie mehr wieder. Schade für mich, gut für sie! Doch meistens sehe ich schon während der Therapie, dass sich Dinge und Einstellungen im Leben des Klienten verändern. Eine Frau behauptete noch vor kurzem, sich nicht von ihrem Ehemann, der sie jahrelang betrogen hatte, trennen zu können, weil sie ihn liebe. Nach zwei Sitzungen erzählte sie mir, dass er sie nicht nur betrogen, sondern auch misshandelt hatte. Da war dann von Liebe nicht mehr die Rede. Sie lernte nach vier Sitzungen eine neue Liebe kennen und hat sich vorige Woche eine eigene Wohnung genommen. Sie hat auch einen guten Anwalt, denn das ist dann ein absolut notwendiger Schritt. Alle Klienten verändern sich, oder ihre Umstände verändern sich. Das ist im Grunde dasselbe. Wie Innen so Außen. Freuen tue ich mich, wenn dann Hochzeitsanzeigen, oder Geburtsanzeigen per Post kommen. Auch Dankesschreiben hebe ich gut auf. Sind sie doch Ausdruck dieser großen Macht, dieser großen Wirkung und Liebe, die diese Therapieform ausmacht.

Ich bin eine Wassermannfrau und daher schnell, interessiert und auch, als negative Beigabe, schnell gelangweilt. Meinen Mond habe ich im Skorpion. Das ist die Spürnase…

Diese Therapie langweilt nicht. Es ist kein rein rezeptives Zuhören – der Klient arbeitet und wir gehen gemeinsam durch das Trauma. Es ist immer abwechslungsreich. Die ganze Person und die ganze Aufmerksamkeit sowohl der Therapeutin als auch des Klienten ist gefordert.

Wenn es keine immer wieder erstaunlichen Erfolge gäbe, hätte ich diese Arbeit nicht schon so viele Jahre mit soviel Freude gemacht.

Gründlich, effektiv, interessant und liebevoll. Das ist die richtige Mischung der Therapieeigenschaften für mich.

Wie Adler schon sagte: „ weg mit dem Klorollenblick und der Kopf ist rund, um in alle Richtungen schauen zu können.“ Wenn wir in dem Sinne einen erweiterten Rahmen unserer drei Dimensionen zulassen und das uns therapeutisch zu Nutze machen, können wir viel erreichen, viel heilen und vieles selbst lernen.

 

Çiğdem Gül: Liebe Charlotte, ich danke dir ganz herzlich für das spannende und offene Gespräch.

 
 
 
 


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