Hochbegabung bei Migrantenkindern erkennen


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Hochbegabung bei Migrantenkindern erkennen

 
 
 
 

Von Çiğdem Gül

15. April 2015

 

Wenn Sie sich fragen sollten:

„Woran erkenne ich als Migrant/in im interkulturellen Kontext, ob mein Kind hochbegabt ist?“

 

Hier meine Antworten:

 

So erkennen Sie, ob Ihr Kind hochbegabt ist

Es ist nicht immer einfach, zweifelsfrei festzustellen, ob das eigene Kind hochbegabt ist. Bei Anzeichen einer Hochbegabung ist anzuraten, die Entwicklung des Kindes über einen gewissen Zeitraum zunächst einmal in Ruhe und mit Interesse zu beobachten. Widmen Sie Ihrem Kind Ihre Aufmerksamkeit. Ich habe eine Liste an unten stehenden Fragen erstellt, damit Sie die Möglichkeit haben, sich mit den einzelnen Fragen und Ihren anschließenden Antworten auseinanderzusetzen.

Hier ist der Link zu meiner Checkliste zur Einschätzung auf Hochbegabung bei Ihrem Kind.

 

Checkliste zur Einschätzung auf Hochbegabung bei Ihrem Kind – nach Çiğdem Gül

 

Meine Checkliste könnte ich adäquat weiter fortsetzen. Je mehr Sie bei Ihrem Kind von den, in meiner verlinkten pdf-Datei aufgelisteten, Fragen mit „Ja“ beantworten können, desto wahrscheinlicher ist es, dass eine Hochbegabung vorliegt.

 

Die Tatsache, dass Ihr Kind in Kindergarten oder in der Schule sehr ausgeprägten Selbstzweifel hat und wegen Unterforderung sowie Langweile den Unterricht stört, kann ebenso auf eine Hochbegabung hinweisen. Ein hochbegabtes Kind, das mit seinen Fähigkeiten unerkannt und allein bleibt, schaltet irgendwann ab und schreibt schlechte Noten. Aber bedenken Sie bitte, dass auch „normal“ entwickelte Kinder „abschalten“, wenn sie unter zu großen „Förderstress“ ihrer Eltern und Lehrer ausgesetzt sind.

Wenn Sie vermuten, dass Ihr Kind hochbegabt ist, dann suchen Sie zeitnah das Gespräch mit dem Erzieher aus dem Kindergarten oder Lehrern. Falls die Verhaltensauffälligkeiten durch Langweile, Unterforderung und des Nicht-verstanden-werden Ihres Kindes in der Schule über einen gewissen Zeitraum anhalten, dann kann beim Kinder- und Jugendpsychotherapeuten (bis zum 21. Lebensalter) ein IQ-Test für Ihr Kind notwendig sein. Dieser kann mithilfe mehrerer IQ-Tests feststellen, ob Ihr Kind hochbegabt ist. Ab einem Intelligenzquotienten (IQ) von 130 gilt ein Kind als hochbegabt. Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass der IQ allein nicht das Maß aller Intelligenz ist. Bitte beachten Sie daher, dass ein IQ-Test nur begrenzte und bestimmte Arten der Intelligenzen und der Hochbegabung wie mathematische, musische und künstlerische Hochbegabung etc. feststellen kann. Doch Hochbegabung ist viel mehr. Sie ist zudem das Zusammenspiel von Eigenmotivation und Frustrationsgrenze, die soziale und emotionale Kompetenzen, die Gedankensprünge, die Hochsensibilität, der ausgeprägte Gerechtigkeitssinn und die altkluge Moral, der Drang zum Perfektionismus und der Drang, die Welt zu verbessern, der visionäre Geist, die ausgeprägte Kreativität – auch bei der Lösungsfindung -, die von innen veranlasste sehr hohe Motivation, Vielfältigkeit bei Interessen, die Komplexität, Introversion und Extraversion bei hochbegabten Kindern sind die anderen Merkmale der Hochbegabung, die bei einem herkömmlichen IQ-Test nicht erfasst und getestet werden können. Erst durch ein stabiles soziales und familiäres Umfeld und viele andere Faktoren wird das Kind befähigt, sein Potential vollständig zu entfalten und auszuleben.

Steht die Hochbegabung nachweislich fest, empfinden einige Eltern das Testergebnis als große Belastung, manche weinen sogar. Sie haben Angst davor, dass sich die Familiensituation negativ ändert, langfristig eine sehr anstrengen Zeit ihnen bevorsteht und sie dem Kind nicht gerecht werden können. Wie wird das Umfeld reagieren? Darf man es überhaupt erzählen? Fragen über Fragen… womit sich die Eltern beschäftigen und sich den Kopf zerbrechen. Gehen Sie sehr sorgsam mit dem Thema um. Im Mittelpunkt sollte für Sie immer die Frage stehen, ob ihr Kind glücklich ist; denn das ist das Allerwichtigste.

 

Ein hochbegabtes Kind bedarf richtiger Förderung

Wissenschaftliche Studien haben ergeben, dass weniger eine Veranlagung als vielmehr das aufmerksame und unterstützende Umfeld die Hochbegabung fördert. Für ein hochbegabtes Kind ist das gesunde Aufwachsen in der liebevollen Familie – auch mit interkulturellem Kontext und Migrationshintergrund – sehr entscheidend. Diesen Luxus haben leider nicht alle hochbegabten Kinder. Es gibt auch viele Kinder, die in sozial und wirtschaftlich sehr schwachen Familien und/ oder sehr schwierigen Verhältnissen aufwachsen, sogar traumatische Erlebnisse erlitten haben. Hochbegabte Kinder mit interkulturellem Kontext und Migrationshintergrund haben es in der Regel nachweislich um ein Vielfaches schwerer als die deutschstämmigen hochbegabten Kinder in Deutschland; denn sie müssen neben den Themen, Auswirkungen und Wechselwirkungen der Hochbegabung im Lebenskontext auch noch sprachliche, kulturelle und Migrationsthemen bewältigen. Sie durchleben zusätzliche Probleme, Hindernisse und Schwierigkeiten, deren Ausmaß für Nicht-Migranten oftmals kaum vorstellbar ist. Die resultierende herkunftsgesellschaftliche Sanktionen und/oder daraus resultierende Gewalt jeglicher an das hochbegabte Kind darf nicht unterschätzt werden! Ein mir bekanntes und nicht als hochbegabt erkanntes „MigrantenKIND“ erlitt bereits mit sieben Jahren durch seinen extrem überforderten Elternteil einen an ihn gerichteten Tötungsversuch. Das hochbegabte Kind stellte nämlich seinen Eltern und anderen Familienangehörigen naturgemäß ständig Fragen, die es dann – unabhängig davon, wie die Antwort des Gegenübers ausfiel – immer weiter hinterfragte und kritisierte. Dieser Fall ist zwar ein Extremfall und sie ist nicht die Regel, aber auch solche Fälle existieren.

Wenn Sie bei Ihrem Kind eine Hochbegabung vermuten oder erkennen, dann sind Sie gefragt; denn die psychische, geistige, physische, emotionale, persönliche, soziale Entwicklung Ihres Kindes liegt in Ihren Händen. Wichtig ist, dass Sie nicht vergessen, dem Kind weiterhin Ihre gesunde Liebe, Wertschätzung, Anerkennung und Verständnis zu schenken. Gehen Sie bitte auf die Anforderungen, die Ihr Kind an Sie stellt ein. Hochbegabung an sich ist keine Krankheit, sondern ein großes Geschenk, daher bedarf es keiner Behandlung. Die therapeutische Behandlung für ein hochbegabtes Kind ist erst dann erforderlich, wenn es seine Hochbegabung an die durchschnittlich ausgerichtete Welt kompatibel erlebbar möchte und/oder bei sozialen, schulischen etc. Kontexten unter den Folgen der Hochbegabung sehr leidet.

Ein hochbegabtes Kind muss gefördert werden.

Ein hochbegabtes Kind muss richtig und angemessen gefördert werden.

Das Kind lernt die Welt zunächst durch die Wechselwirkung mit Ihnen kennen, die zu einem relevanten Kreislauf wird. Bitte beobachten Sie diesen Kreislauf sorgfältig, denn ein hochbegabtes Kind wird Ihnen andere Reaktionen abverlangen als ein durchschnittlich begabtes Kind. Mit zunehmendem Alter des heranwachsenden Kindes bedarf es an zusätzlichen Möglichkeiten in der Familie, damit es mitsprechen, weitere Interessen entwickeln, Anregungen aufnehmen und weitere Fähigkeiten entwickeln kann. Die Hochbegabung ist die Form zu antworten, eine Gegenfrage und/oder weitere Fragen zu stellen. Im Gegensatz zum durchschnittlich begabten Kind folgt das hochbegabte Kind der Frage – unabhängig davon, ob es eine Antwort auf die Frage gibt oder nicht. Bitte bremsen Sie auf gar keinen Fall Ihr ständig fragendes Kind. Lassen Sie Ihr Kind viel Raum, Fragen stellen zu dürfen, auch wenn Sie keine Antworten haben sollten. Das Kind einfach ein oder zwei Klassen in der Schule zu überspringen, ist nicht bei allen Fällen besonders empfehlenswert, da die emotionale Entwicklung eines hochbegabten Kindes oft noch nicht auf dem gleichen Stand ist, wie die der älteren Kinder. Zudem wird Ihr Kind wahrscheinlich auch in höheren Klassenstufen nicht unbedingt ausreichend gefördert. Die Schulwahl ist ein großes Thema für Familien mit hochbegabten Kindern. Daher ist es besser, wenn Sie Ihr Kind durch den Besuch einer Schule für hochbegabte Kinder fördern könnten. Informieren Sie sich über Vereine und Schulen für hochbegabte Kinder in Ihrer Nähe.

Hochbegabte Kinder brauchen Lernstrategien

Viele unerkannte und nachweislich hochbegabte Kinder verlassen sich instinktiv oder beabsichtigt auf ihre eigenen Potentiale und lernen kaum für die Schule. Sie schreiben eine einige Zeit trotzdem gute Schulnoten. Auf Dauer wird es aber zu einem großen Problem, weil diese Kinder nie gelernt haben, wie man lernt. Es kann zum Abfall der Schulnoten kommen, denn irgendwann reicht es nicht mehr aus, nur zuvor durchgelesen zu haben, um eine Klassenarbeit zu bestehen. Das Kind wird zu einem Underachiever (Minderleister), weil es unter seinen intellektuellen und anderen sehr ausgeprägten Fähigkeiten bleibt und es sich in der Schule in der unteren Hälfte des Notenspiegels bewegt. Diese Situation gewinnt zunehmend an Dramatik, wenn bei einem vermuteten und nachweislich hochbegabten Kind seine Eltern, sein Umfeld und die Lehrer oft fälschlicherweise Bestnoten erwarten und folglich zusätzlichen Druck ausüben.

 

Siehe auch meine Aussagen über begabte und hochbegabte Migrantenkinder bei Çiğdem Gül im Interview für HIGHLY GIFTED – Teil 2

 
 
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© Çiğdem Gül

Gründerin & Moderatorin
des Interkulturellen Netzwerkes für Hochbegabte

Diplom-Ökonomin

Change Management Consultant

Business Coach

Interkultureller Coach für Hochbegabte & Hochsensible

Online Marketing Managerin

Freie Journalistin

 
 
 
 

Görsel / Bild / Picture thanks to © 2019 Jens Grossmann (Wuppertal/Germany)

Die stahlblaue Augenfarbe des Mädchens in Kenia (siehe Foto oben) wurde vom Fotografen nicht bearbeitet. Die Augenfarbe ist echt.

 

Jens Grossmann hat an der Bergischen Universität Wuppertal/Deutschland den Studiengang „Kommunikationsdesign“ studiert und 15 Jahre für internationale Hilfsorganisationen die Katastrophen- und Krisenregionen der Welt bereist. In dieser Zeit hat er als Fotojournalist in über 50 Ländern die unmittelbaren Folgen menschlicher und natürlicher Katastrophen dokumentiert. Seine Fotografien sind fester Bestandteil sowohl einer transparenten Aufklärungsarbeit der Hilfsorganisationen als auch der Berichterstattung deutscher und internationaler Zeitungen wie Geo, Stern oder Der Spiegel. Seit 2000 ist er Mitglied der renommierten Kölner Fotoagentur ›Laif‹.

 
 
 

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