Liebe: Die schönste Begabung der Welt – 1/2


Photographer Oscar Picazo_Model Tatiana
 
 
 
 
 

Liebe

 
 

Die schönste Begabung der Welt

 
 
 
 
 
 

Von Çiğdem Gül

Wuppertal/Deutschland

07. November 2015

aktualisiert am 17. September 2021

 
 
 
 
 

Teil 1: Die Welt besteht aus der Symphonie des Augenblicks

 

Die Welt besteht aus der Symphonie des Augenblicks. Und darin steht ein Haus. Allein die Liebe ist das Haus, in dem wir wohnen dürfen. Es ist der Ort, an dem die Liebe beginnt. In allen Zimmern sind wir vom zarten Zauber der Liebe umgeben. Unser Herz öffnet sich dem Zauber, der in allem verborgen ist. Wir beginnen, mit unseren Farben andere Herzen und Seelen zu berühren. „Willst Du das Glück kennen lernen, werde so still, dass Du das sich Öffnen der Blüte hörst.“[1] Die tiefste und bedeutsamste aller Berührungen, Verbundenheit und Glück, die wir schenken und annehmen können, ist die innere Resonanz unserer Herzen.

Meine stille Sehnsucht nach dir ist ein Geschenk, das in deinem Herzen leuchtet. Und irgendwann begegne ich dir. Liebe ist Schenken. Und ich schenke mich selbst; mein Sein, meine Gegenwart, meine Aufmerksamkeit, meinen liebevollen Blick zu dir und ich schenke dir mein Herz. Liebe ist in erster Linie nicht mit dir zu leben, sondern, dich zu leben. Wir sind verbunden mit der Quelle und Sinnlichkeit der Liebe. „Mit dir fühle ich mich wie die Häuser, die auf das Meer blicken.“ [2] An Nichts fehlt mir in deiner Nähe. Ich setze meine Liebe zu dir in einem poetischen Rahmen. Du bist meine Heimat und ich bin deine Heimat geworden. Dort ist die Liebe unsere Muttersprache. Mein Glanz entsteht durch deine Liebe in den Tiefen des Augenblicks. Mögen unsere nächsten Augenblicke von ganz besonderen Schwingungen getragen sein. „Du weißt ja, dass jede Nacht meine Stimme durch die Stille der Bäume gehend zu dir kommt.“ [3]  Dabei flüstern die Blätter deinen Namen. Blatt für Blatt. Liebe ist eine mitfühlende und frische Freude. Liebe ist, auch aus der Ferne deinen Duft in der Nase zu haben. Liebe ist, überall dich zu sehen. DU bist Liebe. Liebe ist, die Ruhe in deinem Herzen zu finden. Du bist mein wahr gewordenes Gebet. So wie ein stolzer Pfau seine langen und leuchtenden Federn ausstreckt und präsentiert, so strahle ich meine Wärme aus und lege sie wie ein wärmender Mantel um dich. Ich erlebe in der gleichen Wellenlänge die innere Resonanz mit dir. Liebe ist das Abenteuer meines Herzens. Wenn die Sinnlichkeit unsere Liebe umhüllt und beide Herzen Tango tanzen, dann ist es um mich geschehen. Ich bin verzaubert. Mein Seelengarten kann nun aufblühen.

 

Ich liebe es, dass unsere Seelen bedingungslos miteinander verbunden sind.

 

Ich liebe es, wenn du mir deine Geborgenheit, Zärtlichkeit, Wärme und auch die Weite deines Herzens schenkst, in dem ich einen Blütenplatz habe.

 

Ich liebe es, wenn mein Sein und Lächeln eine Freude für dich sind.

 

Ich liebe es, wenn du im Tanz deines Empfindens verrückte Kusshände in mein Herz wirfst.

 

Ich liebe es, wenn unsere Seele und Herz Hand in Hand in gemeinsame Erfahrungen verreisen, damit wir unsere Erinnerungen schreiben können, um irgendwann auf sie zurückzublicken. Wir erleben unsere gemeinsamen Augenblicke durch viele kleine Ewigkeiten.

 

Ich liebe es, wenn sich meine Gedanken an dich schmiegen.

 

Ich liebe es, wenn bei unserem nächtlichen Spaziergang über uns das Lächeln im Gesicht des Mondes und die Sterne aus einem klaren Nachtblau funkeln.

 

Ich liebe es, wenn in der sanften und liebevollen Stille unseres Seins unser Schweigen alles umarmt.

 

Ich liebe es, wenn du mich wie eine weiße Taube in deinen Händen hältst, mich streichelst, küsst und mich dann in die Freiheit fliegen lässt. Ich bin sehr freiheitsliebend, so wie die Liebe.

 

Ich liebe es, wenn du mich auf meinem Flugweg mit deinen Gebeten beschützt.

 

Sei dir gewiss, dass ich zu dir zurückfliegen werde.

 

Unser Wiedersehen wird ein Freudenfeuer der Welt sein; entfacht durch meine Seele. Das Feuer verbrennt deine Seele nicht, es wärmt sie. Wir fühlen uns nahe, ohne Besitzansprüche an dem Anderen zu haben. Liebe heißt, viel voneinander zu halten, ohne einander festzuhalten. Die wahre Liebe verliert man nicht, auch wenn wir uns aus den Augen verlieren sollten. So, dass die einzige Sicherheit in der Liebe die Liebe selbst ist. Und daran können wir unser Vertrauen ausrichten. 

 
 
 

Teil 2: Wie fühlt sich Liebe an?

 

„Eigentlich unbeschreiblich, aber… Liebe verleiht Flügel. Unsichtbare, federleichte, anschmiegsame Schaumstoffflügel, die dich um die ganze Welt fliegen lassen und durch Träume, manchmal durch Illusionen, aber immer in andere Dimensionen. Die Liebe schrieb das Buch der Sehnsucht, der erfüllten und unerfüllten, aber in jedem Fall die Geschichte von Helden und Engeln und dem Gefühl von Geborgenheit und innerer Ruhe. Und von innerem Zerplatzen, vom Explodieren, das Kapitel der frisch Verliebten liest sich wie ein Märchen. Sie legt sich als leichter Schimmer auf Haut und Haare, ganz besonders glänzt sie in den Augen, schau doch mal Verliebten in die Augen (!) Sie lässt dich tanzen statt gehen, singen statt reden, leben statt leben lassen. Liebe schenkt Freiheit und Lachen, bringt Enge und Tränen, in schlechten Zeiten. Sie lässt sich niemals einfangen, sie lässt sich nur finden, doch niemals suchen. Sie ist das höchste der Gefühle, die Königin der Emotionen, verzaubert und belebt, schmeckt so wunderbar süß-sauer und verführerisch, wie Sommersonne, wie heiße Küsse. Sie hat die Frühlingsgefühle erfunden und das Verlangen und das unvergleichliche nebeneinander Aufwachen, Hände die sich halten, über Haare und Wangen streichen. Sie benebelt dir die Sinne, nimmt dir den Atem, lässt dich aufatmen. Liebe fühlt sich an wie Glück. Glück ist unbeschreiblich.“[4]

„Das Herz weiß nicht, wie der Verstand weiß. Das Herz weiß durch Berührung; der Verstand weiß durch Distanz. Je mehr sich das Herz der Berührung öffnet, desto mehr weiß es. Berührung entfacht nicht einen Prozess der Erkenntnis im Herzen, sondern im Herzen ist Berührung Wissen. Je tiefer das Herz berührt ist, desto tiefer ist das Wissen; und je tiefer das Wissen ist, desto weniger Worte gibt es, mit denen der Mensch es fassen und ausdrücken kann. Denn in der tiefsten Tiefe des Herzens herrscht völliges Schweigen und völliges Verstehen. […] Wer auch nur für einen einzigen Augenblick eingetaucht ist in das wahre Wesen der Liebe, weiß, dass er nur in diesem Augenblick gelebt hat. […] In jeder Liebe, die dich streift, welcher Art sie auch sei, sieh die Liebe selbst. Wenn dich schöne Augen bezaubern, wisse, dass es die Liebe selbst ist, die dich grüßt. Wenn du vor Sehnsucht zergehst, wisse, dass es die Liebe selbst ist, die dich zergehen lässt. Wenn du jubelst in der Freude der Verliebtheit, wisse, dass es die Liebe selbst ist, die jubelt aus Freude an sich selbst, Wenn du verletzt wurdest von deinen Geliebten, wissen, dass es die Liebe selbst ist, die den Streich gefühlt hat. […] Wenn Sehnsucht dein Herz zerreißt, so ist die Liebe am Werk, um es zu weiten. Nur Liebe ist wahr, alles andere ist Traum. Halte dich an die Liebe nicht an den Traum.“ [5]

Wenn wahre Liebe im Spiel ist, dann gibt es immer ein Wunder. Die Liebe zeigt uns Wege, wo vorher keine waren.

Die Liebe fühlt sich bei Kopfmenschen anders an als bei Gefühlsmenschen. Die Kopfmenschen spüren das Verliebtsein, die Liebe, Liebeskummer, Sehnsucht und Schmerz etc. nicht so intensiv, nicht so überwältigend und nicht so lange anhaltend wie die Herzmenschen. Die Gefühlsmenschen haben nicht nur Zugang zu ihren Gefühlen und leben sie aus, sondern sie beherrschen auch die Sprache der Gefühle. Das müssen reine Kopfmenschen wie ein Baby bei Null beginnend erst erlernen. Und im Laufe der Zeit – das dauert erfahrungsgemäß viele Jahre – entwickelt der Kopfmensch zunehmend seine Sensibilität und Gefühlssprache. Gefühle und Verstand gehören nun mal zusammen; daher ist ein Gleichgewicht zwischen den beiden stets herzustellen. Mit Hilfe des Verstandes sollten die Gefühle verstanden werden, und mit Hilfe der Gefühle sollte der Verstand überprüft werden.

 
 
 
photographer Oscar Picazo_models Dani Reeves, Zitlaly Cervantes, Amy Lefevre_designer Antonio Corbi
 
 
 

Teil 3: Was ist Liebe

 

Die Aufklärung des Phänomens Liebe ist von großer Bedeutung für das gesamte Leben eines Menschen, für die psychische Gesundheit und das Lebensglück. Wir sind als Mensch mit der Fähigkeit zur Liebe geboren. Sie ist zugleich die schönste Begabung der Welt;  ein Samenkorn, das gewässert und gepflegt werden muss. Liebe ist überlebenswichtig. Wir alle brauchen Liebe; daher unser Streben nach ihr. Die Liebe spielt die Hauptrolle in unserem Leben. Darüber sind sich auch die weltlichen, spirituellen und religiösen Denker einig. 

Auf meiner Kulturen- und Lebensreise habe ich gelernt und in der Außenwelt bei anderen Menschen erlebt sowie beobachtet, dass Liebe vieles sein kann; der einzige Sinn des Lebens, ein unbeschreiblich schönes Gefühl, ein Schmetterling auf der Schulter und viele Schmetterlinge im Bauch, die bleibende Seelenbegegnung, ein Blick, Geborgenheit, innere Berührung und Resonanz, Schweigen, Wunder, Hingabe, Leidenschaft, Begierde, tiefe Freundschaft, Wohlwollen, Fürsorge, ein Zuhause, ein Versprechen, ein Computeralgorithmus, eine Brücke zwischen zwei oder mehreren Kulturen, gefüllte Weinblätter, Privatsache, Elternsache, Verwandtschaftssache, Mentalitätssache, ein Schwur vor Gott, Schmerz, Narben, Gefühlskriminalität, Tränen, Trotz, Protest, Verbrechen, Projektionsfläche, Status, Erinnerung, emotionale und/oder ökonomische (Un-)Abhängigkeit. Liebe ist vor allem Arbeit. Arbeit an sich selber. Jede Beziehung, die wir eingehen, ist eine Hausaufgabe, an der wir noch nicht gearbeitet haben.

Gesunde Liebe macht uns glücklich. In der buddhistischen Lehre bedeutet zu lieben, „in der Lage sein, Glück zu bringen, Glück zu schenken, Leiden zu erleichtern, Freude zu schenken und alle Arten von Trennungen und Ausgrenzungen zu überwinden“ [6]

In der Einfachheit liegt der Schlüssel zur Entstehung der Liebe zwischen zwei oder mehreren Menschen. Die Liebe ereignet sich sensitiv und leise in einem Moment der Wachheit, Lebendigkeit und Ruhe zugleich. In diesem Augenblick ist es entscheidend, ob du dein zittriges Herz in die Hände der geliebten Person legst oder für dich behältst. Mangelnde und/oder negative Vorerfahrungen und Selbstliebe, Moralvorstellungen, Angst und Unsicherheit lassen dein Herz noch intensiver zittern.

 
 

“Iki insan bakışınca farkeder

aşkın giysilerden ve adlardan soyunmak oldugunu.”

 

Erst, wenn sich die Blicke zweier Liebende treffen,

werden sie feststellen,

dass Liebe das Ausziehen von Kleidung und Namen bedeutet.“ [7]

 
 

Die wahre Liebe macht keinen Lärm. Sie berührt leise das Herz des Anderen. Die Liebe kann nicht im Denken und in Zwang wachsen. Sie braucht die absolute Freiheit, um sich gesund zu entfalten. Je mehr die Liebe in dir wächst, desto mehr wächst auch deine Schönheit; denn die Liebe ist die Schönheit der Seele. Die gesunde Liebe lebt vom Geben.

 

„Wer wenig liebt, wird wenig geliebt.

Wer viel liebt, wird viel geliebt.

Wer unendlich viel liebt, wird auch unendlich viel geliebt.“ [8]

 
 
 
 

Die letzte Wahrheit ist die LIEBE.

In der Tiefe dieser Wahrheit ist kristallklare und strahlende Klarheit.

Klarheit darüber, dass die Liebe die höchste Macht des Universums ist.

 
 
 

ENDE – Seite 1 von 2

 

© Çiğdem Gül


 
 
 
 

Fußnoten

 

[1] Die Quelle des Zitats ist eine japanische Weisheit.

[2] Ilhan Berk : (*18.11.1918, † 28.08.2008) war ein bekannter türkischer Dichter und Essayist. Deutsche Übersetzung des Zitats: Çiğdem Gül

[3] Paul Auster : (*03.02.1947) ist ein US-amerikanischer Schriftsteller, Regisseur, Kritiker, Übersetzer und Herausgeber.

[4] Judith Suchowitzki : ist eine deutsche freie Autorin.

[5] Safi Nidiaye : (*1961 in Freiburg/Deutschland) ist einer der meist gelesenen deutschsprachigen spirituellen Autoren, Chansonsängerin, Liedermacherin, Journalistin, Schriftstellerin, Dichterin und Seminarleiterin. Die Quelle des Textauszüge basiert auf ihrem Buch „Die Stimme des Herzens: Der Weg zum größten aller Geheimnisse“.

[6] Thich Nath Hanh : (*11.10.1926 als Nguyễn Xuân Bảo in Thừa Thiên, Zentralvietnam) ist ein vietnamesischer buddhistischer Mönch, Schriftsteller und Lyriker. Thích ist ein Titel vietnamesischer Mönche. Die Zitatquelle ist die Zeitschrift „Intersein“ für achtsames Leben in der Dhyana – Tradition von Thich Nath Hanh, Ausgabe Nr. 38, Mai 2011)

[7] Octavio Paz : (*31.03.1914, † 19.04.1998) war mexikanischer Schriftsteller, Dichter, Diplomat und Nobelpreisträger für Literatur. Deutsche Übersetzung des Zitats: Çiğdem Gül

[8] Gregorian Bivolaru : (*12.03.1952) ist ein spiritueller rumänischer Gelehrter.

 
 
 

Image 1: Courtesy of © Oscar Picazo (Las Vegas / U.S.)
Das Bild 1 „Model Tatiana“ wurde mit freundlicher Genehmigung des Urhebers und US-Fotografen © Oscar Picazo (Las Vegas) veröffentlicht.

Image 2: Courtesy of © Oscar Picazo (Las Vegas / U.S.)
Das Bild 2 wurde mit freundlicher Genehmigung des Urhebers und US-Fotografen © Oscar Picazo veröffentlicht. Auf dem Bild sind die US-Models Dani Reeves, Zitlaly Cervantes und Amy Lefevre zu sehen, die die Mode vom Designer Antonio Corbi tragen.